October 18, 2010

Te Deum – Die Franziskaner


Te Deum – Himmel auf Erden: Die Grundpfeiler unserer Kultur

"Oh Herr, mach mich zum Werkzeug!"

pt 3) Ordo Fratrum Minorum OFM plus Kapuziner OFMCap & Minoriten OFMConv
sowie Klarissen & Ordo Franciscanus saecularis OFS – "Entsagung des Besitzes"

pt 1 & pt 2 & pt 4 & pt 5 & pt 6

Der Orden des heiligen Franziskus nimmt sich ganz nach dem Vorbild seines Gründers auch heute noch der Menschen an, die am Rande der Gesellschaft stehen. Wie schon Franziskus sehen die Franziskaner und Franziskanerinnen in jedem Menschen das Abbild Jesu – egal auf welcher sozialen Stufe er sich befindet.

Franziskus wurde im Jahr 1181 als Sohn eines Tuchhändlers in Assisi in der italienischen Provinz Perugia in Umbrien geboren. Europa war befallen vom Fieber und Wahn der Kreuzzüge, aus denen sich gleichzeitig ein aufstrebender Handel mit dem Orient entwickelt hatte. Italien hatte sich dabei als wichtigster Umschlagplatz etabliert. Adel, Klerus und die neuen Handelshäuser in den Städten schwelgten im Luxus, während die Landbevölkerung immer mehr verarmte. Dank seines reichen Vaters genoss Franziskus eine hohe Schulbildung und führte ein ausschweifendes Leben.
Mit 21 Jahren zog er gemeinsam mit anderen jungen Männern seiner Stadt in den Krieg gegen die Nachbarstadt Perugia, wobei Assisi unterlag. Franziskus wurde in Perugia eingekerkert und kam erst nach einem Jahr gegen Lösegeld wieder frei. Krank und innerlich erschüttert suchte er in der Einsamkeit nach dem Sinn des Lebens, bis er ein entscheidendes Bekehrungserlebnis vor dem Kreuzbild der zerfallenen Kapelle von San Damiano hatte: "Franziskus, geh und baue mein Haus wieder auf, das, wie du siehst, ganz und gar in Verfall gerät" (Mt 10:5).
Auf diese göttliche Weisung hin baute er sowohl San Damiano als auch die kleine Kapelle Portiuncula außerhalb von Assisi wieder auf. Diese Tat symbolisierte nicht nur den Wiederaufbau einer kleinen Kapelle, sondern den der gesamten Kirche des Mittelalters.

Die franziskanische Bewegung, die in ihrer Radikalität einmalig in der Geschichte des Christentums war, sah einzig in der Besitzlosigkeit die Erlösung des Menschen. Früher galt Armut als Gotteswille oder Schicksal. Zu Franziskus' Zeit wuchs zum ersten Mal das Bewusstsein für Armut als das Resultat von Bereicherung der oberen Stände. Denn durch den wirtschaftlichen Aufstieg und die Kapitalanhäufung des neuen Bürgertums in den Städten litt die Landbevölkerung Not. Diese versammelten sich in der Hoffnung auf Almosen vor den Toren der Städte. Franziskus war der Überzeugung, dass sein Platz unter diesen Gedemütigten und Leidenden wäre, da auch Christus den letzten und niedrigsten Platz unter den Menschen eingenommen hatte.
1206, auf einer Wallfahrt nach Rom, hatte er mit einem Bettler die Kleidung getauscht, um das Leben in vollkommener Armut "auszuprobieren". Nach dieser Erfahrung lebte er außerhalb der Stadtmauern von Assisi, pflegte dort die Aussätzigen und ging um Essen bettelnd von Haus zu Haus. Für wohltätige Zwecke und für seine baulichen Renovierungsarbeiten nahm Franziskus Waren und Geld aus dem Geschäft seiner Eltern. Dies führte zum Streit mit seinem Vater, der einen Prozess gegen ihn führte. In der Gerichtsverhandlung, die öffentlich auf dem Domplatz stattfand, legte Franziskus vor den Augen der Zuschauer seine ganze Kleidung ab.
Mit dieser Geste verzichtete er auf sein Erbe und sagte sich von seinem Vater los. Franziskus' Leben war fortan von den göttlichen Werten Liebe, Demut und Gehorsam geprägt. Er zog sich jedoch nicht im klassischen Sinne des Mönchtums von der Welt zurück, sondern wollte seine Erkenntnisse mit anderen Menschen teilen:

"Der Herr sagte mir, dass ich ein Tor sein solle in dieser Welt.
Er wolle uns keinen anderen Weg als den Weg seiner Weisheit führen."


Die Stütze der Kirche und: die klassenlose Gesell(en)-/Bruderschaft


1209 ging Franziskus mit seinen ersten zwölf Gefährten nach Rom, um die Bestätigung seiner Ordensgemeinschaft zu erbitten. Die Legende erzählt, dass Papst Innozenz III. zuvor im Traum gesehen hatte, dass der heilige Franziskus zur Stütze der Kirche werden würde. Der Papst gab vielleicht deshalb Franziskus' Anliegen statt, nicht zuletzt aber weil er sah, dass er den Armutsbewegungen seiner Zeit, die oft in offene Häresie ausarteten, etwas aus den eigenen Reihen entgegensetzen musste. Nachdem der Papst den Orden mündlich bestätigt hatte, zogen Franziskus und seine Gefährten predigend durch Städte und Dörfer, um die Menschen zu Buße und Umkehr aufzurufen. Sie nannten sich fortan Minoriten.
Innerhalb dieser Bruderschaft gab es keine Klassenunterschiede. Adlig zu sein spielte erstmalig keine Rolle mehr. Franziskus sah vielmehr die Gegensätze in der Gesellschaft, den Reichtum und die Verschwendung auf der einen und die Not auf der anderen Seite. Er beschloss, gegen diese Ungerechtigkeiten anzugehen und für die Armen und Kranken zu sorgen. So wurde er zum Vorbild für die individuelle Nächstenliebe der Christenmenschen seiner Zeit und setzte den Grundstein für das humanistische und soziale Engagement der Kirche in späteren Jahrhunderten.

Ungefähr zur gleichen Zeit entstand ein den Franziskanern nahestehender Frauenorden, der durch die heilige Klara gegründet wurde.
Klara (ital. Chiara) wurde 1193/94 als älteste Tochter einer der reichsten adligen Familien Assisis geboren. Eines Tages hörte sie Franziskus während eines Gottesdienstes im Dom predigen und war fasziniert.
In Begleitung einer Freundin traf sich Klara einige Male mit ihm und einem weiteren Bruder zu heimlichen Gesprächen und beschloss daraufhin, ebenfalls die Ordensgelübde abzulegen. Sie weihte den Bischof der Stadt in ihr Vorhaben ein, und als Zeichen seiner Zustimmung überreichte er ihr am Palmsonntag, dem 18. März 1212, im Dom eine Palme. In der folgenden Nacht verließ die 18-jährige Klara heimlich das Elternhaus. In der Portiunculakapelle unweit der Stadt wurde sie von Franziskus und seinen Brüdern erwartet. Zum Zeichen der Aufnahme in die Gemeinschaft schnitt er ihr Haar ab und kleidete sie in ein Bußgewand. Klara ließ sich in San Damiano nieder und gründete dort ein Frauenkloster.
Später schlossen sich auch ihre Schwestern und ihre Mutter der neu entstandenen Gemeinschaft an.
In Anlehnung an den Ort nannten sie sich "Arme Frauen von San Damiano" oder einfach Damianitinnen. Die Bezeichnung "Klarissen" bürgerte sich erst nach dem Tod Klaras ein.
Die Ordensregel, die Klara für ihre Gemeinschaft 1247 schrieb, war die erste von einer Frau verfasste.
Von Klara werden zahlreiche Wunder, vor allem Heilungen, berichtet. Sie selbst empfing während einer langen Krankheit die Wundmale Christi. ("1224/25 – Beginn von Klaras schwerer Krankheit, die sich bis zu ihrem Tode hinzieht. Zur selben Zeit empfängt Franziskus die Wundmale Christi.")
Zwei Jahre nach ihrem Tod wurde sie durch Papst Alexander IV. am 15. August 1255 heiliggesprochen.

Franziskus' Predigten wurden immer wieder mit Musik verglichen. Um Gott zu preisen, nutzte er Töne der Natur und der Tiere, die seiner Überzeugung nach dem göttlichen Überschwang näher kamen als die nüchterne Begriffssprache der Theologen. Als Geschöpfe einunddesselben Gottes nahm Franziskus Sonne, Mond und Sterne, Pflanzen und Tiere mit in diesen Klang- und Lebensraum der Geschwisterlichkeit auf:

"Wir dürfen niemals wünschen, über andere stehen zu kommen, sondern müssen aus Liebe zu Gott wie Diener, jeder menschlichen Kreatur unterworfen sein."

Noch heute kennt man den Sonnengesang des Franziskus, eine Lobpreisung auf die Schöpfung, die Franziskus kurz vor seinem Tod in Damiano gedichtet hatte und die seine Brüder in der Stunde seines Todes für ihn sangen.
Gelehrsamkeit, Geist und Macht waren nicht die Attribute des Franziskus. Dieser erkannte vielmehr, dass auch in der Einfachheit Weisheit liegen kann und nicht ausschließlich dem Geist der Wissenschaft entspringen muss:

"Jene, die keine hohen wissenschaftlichen Erkenntnisse haben, sollen auch nicht danach trachten sie zu erlangen, sondern ihr ganzes Streben soll sein, den Geist des Herrn zu besitzen."

In der Zeit des zweiten Kreuzzuges, als die christlichen Orden zusammen mit den Fürsten und Mächtigen ihrer Zeit durch Gewalt zu missionieren suchten und neue Territorien für sich entdeckten, setzte sich Franziskus persönlich für den Frieden ein:

"Oh Herr, mach mich zum Werkzeug dieses Friedens!
Wo Hass ist, lass mich Liebe säen, wo Unrecht, Verzeihung, wo Zweifel, Glaube, wo Verzweiflung, Hoffnung, wo Finsternis, Licht und wo Trauer, Freude."

1219 reiste er nach Palästina und schloss sich dort dem Kreuzfahrerheer an, das auf dem Weg nach Ägypten war. Er besuchte den damaligen Sultan Al Kamil und versuchte, ihn friedlich vom Christentum zu überzeugen, was jedoch nicht gelang. Nach seiner Rückkehr aus dem Orient stellte Franziskus innerhalb des Ordens große Veränderungen fest. Viele weigerten sich inzwischen, die strenge Forderung der Armut und Besitzlosigkeit zu erfüllen. Außerdem forderten sie, dass es feste Ordensregeln geben und sich ihr Leben nicht wie zuvor allein nach dem Evangelium richten sollte. [...]

An der Spitze des Ordens stand nun Elias von Cortona, ein ehemals enger Vertrauter Franziskus' und späterer Anführer der Gegenbewegung. Von Cortona war von den mächtigen Zisterzienser- und Benediktinerabteien seiner Zeit beeindruckt und wünschte sich für die Franziskaner einen ähnlich imposanten Auftritt.
Ab 1228 betätigte er sich deshalb als Bauherr der gigantischen Basilika in Assisi, einem Bau, dem Franziskus niemals zugestimmt hätte und in den seine sterblichen Überreste nach der Fertigstellung überführt wurden.
Das angeschlossene Sacro Convento galt fortan als das Mutterkloster und als geistliches Zentrum des Ordens.
Der gesamte Kirchenkomplex von Assisi ist eine sogenannte Doppelkirche mit Oberkirche und Unterkirche, in die das Kloster integriert ist. Im 15. Jh. unter Papst Sixtus IV. wurde das Kloster stark vergrößert und häufig als Sommerresidenz der damaligen Päpste genutzt. Einem theologischen Institut, in dem Studierende aller Ordenszweige der Franziskaner ausgebildet werden, genehmigte der Vatikan 1971 den Einzug.

Nach dem Tode Franziskus' spaltete sich der Orden in die Spiritualen, die versuchten, weiterhin nach den urfranziskanischen Prinzipien zu leben, und die Konventualen, die weniger radikal waren und sich der Wissenschaft verbunden fühlten. Zwischen beiden kam es immer wieder zu schweren Auseinandersetzungen, in denen sich die Konventualen schließlich durchsetzten. Widerstrebende Spirituale verurteilte man zu ewigem Kerker, sie wurden exkommuniziert und etliche fanden den Tod auf dem Scheiterhaufen.
Im Jahre 1430 kam es zu einer erneuten Abspaltung der "schwarzen" Franziskaner. Sie schworen nun im Gegensatz zu den "braunen" Franziskanern der völligen Besitzlosigkeit ab. Hinzu kam, dass aus der Armutsbewegung des Mittelalters noch viele weitere kleine religiöse Lebensgemeinschaften hervorgingen, wie die Beginen, die jedoch aufgrund ihrer Nähe zu Ketzern später verboten wurden.
Die meisten dieser Gemeinschaften schlossen sich, um dem Verbot zu entgehen, der franziskanischen Regel an, weil diese ihrem Selbstverständnis am ehesten entsprach. [...]

Auch Bruder Benno Maria Kehl "ist" – "Ich werde weiterhin mit meiner ganzen Kraft im Weinberg des Herrn arbeiten" – eine Art Franziskus der Moderne und in der Schweiz schon beinahe ein kleiner Medienstar. Er arbeitet in Zürich als Streetworker in der Drogenszene, besucht regelmäßig Gefangene in verschiedenen Vollzugsanstalten. In seinem Kloster auf der Insel Werd bei Stein am Rhein unterrichtet er "esoterische Praktiken" wie das Laufen über glühende Kohlen, den Gebrauch der Schwitzhütte (Indianersauna), das Delfingebet (Aquabalancing) und dynamisches Beten (Vaterunser mit gymnastischen Übungen).
Er raucht gerne mal ein "franziskanisches Friedenspfeifchen", schreibt erfolgreiche Bücher und hat ein eigenes, kleines TV-Studio, mit dem er für das Lokalfernsehen Beiträge produziert.

Weltweit zählen die Franziskaner heute etwa 150.000 Mitglieder und bilden damit den zweitgrößten Orden nach den Benediktinern.

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