October 6, 2010

Die göttliche Rache war wunderbar



Sean Martin 2008: Die Katharer – Ihre Geheimnisse und ihre Geschichte
pt 2 & pt 3

Der Katharismus war die am weitesten verbreitete Häresie des Mittelalters. Er erfreute sich so großen Zuspruchs, dass ihn die Kirche als die Große Häresie bezeichnete. ("Aus dem Wort Katharer wurde später auch die abwertende Bezeichnung Ketzer für alle Abweichler von einem herrschenden Glauben abgeleitet. Die römisch-katholische Kirche verwendete in ihrer Propaganda auch die volksetymologische Ableitung von lat. Cattari (lat. cattus, die Katze). Danach würden die Katharer die Katze als Tier Satans auf das Hinterteil küssen.")

S. 16) Das frühe Christentum bestand aus vielen Gruppen, jede mit ihren eigenen Überzeugungen und Praktiken. Als die Katharer sich als Nachkommen der ersten Christen bezeichneten, hatten sie vermutlich das einfache Christentum im Sinn, wie es von den Aposteln praktiziert wurde.
Sie stellten sich damit in die Tradition des wahren Christentums, welches sich verbreitete, bevor die Grundsätze der christlichen Gesamtkirche beim Konzil von Nicäa festgelegt wurden. Dieses von Kaiser Konstantin 325 n.Chr. einberufene Konzil legte fest, was das orthodoxe Christentum ausmachte und definierte dadurch auch, was Häresie war. So wurden aus vielen frühchristlichen Gruppierungen plötzlich Ketzer. [...]


Katholisch-Konstantinische Kirche = KKK

Mit der Taufe von Kaiser Konstantin wurde das Christentum die offizielle Religion des Römischen Reichs.


S. 18) Paulus – erster Verfälscher der Lehre Jesu

Paulus' Auslegung des Christentums, die hier in Ephesus gepredigt wird, wurde nach dem Konzil von Nicäa 325 die beherrschende Lehre. [...]
Diese Meinungsverschiedenheit wird umso bedeutungsvoller, wenn man bedenkt, dass die Ideen des Paulus eine große – wenn nicht die größte – Rolle bei der Entwicklung der christlichen Theologie spielten. Dennoch bleibt er eine umstrittene Figur: Fast nie zitiert er die Worte Jesu, und seine Briefe, die den größten Teil des Neuen Testaments bilden, sind oft an andere christliche Gemeinschaften gerichtet, um gewisse Punkte der Lehre zu klären oder sie zu mahnen, nicht vom wahren Weg abzukommen.
Wäre das frühe Christentum eine geeinte Bewegung gewesen, hätte es solcher Briefe nicht bedurft.
Um es mit den Worten eines Kommentators, eines Rechtsgelehrten, auszudrücken, war "Paulus und nicht Jesus der Begründer des Christentums", und darin liegt auch der Ursprung der christlichen Häresie: "In Wirklichkeit ist Paulus der erste 'christliche' Häretiker, und seine Lehren – die zum Fundament des späteren Christentums wurden – sind eine ungeheuerliche Abweichung von der 'originalen' oder 'reinen' Form." Er ist "der erste Verfälscher der Lehre Jesu" und sollte nicht der letzte sein. Zwischen der einfachen, aber tiefgründigen Bergpredigt Jesu und der Lehre vom Gekreuzigten Christus, wie sie Paulus predigte, liegt ein himmelweiter Unterschied.
("Dualisten heißen diejenigen, die die Existenz materieller und immaterieller Substanzen annehmen.")

S. 20) Der Katharismus unterschied sich von vielen gnostischen Denkschulen dadurch, dass er behauptete, Erlösung sei nur durch die Dienste der katharischen Priesterschaft, der Perfecti, erreichbar und nicht durch die direkte Gnosis des Gläubigen. Ironischerweise spiegelte der Katharismus damit den Katholizismus wider, der behauptete, dass der Weg zur Erlösung nur durch die Vermittlung seiner Priester möglich sei.

S. 21) Die Häresie, die der Kirche nach Nicäa am meisten zu schaffen machte, war der Manichäismus, ein synkretistischer Glaube, der Ideen des Zoroastrismus, des Christentums und des Buddhismus enthielt und von dem persischen Propheten Mani (216-275) begründet wurde.

S. 26) Häresien scheinen in der zweiten Hälfte des 11. Jh.s fast völlig verschwunden gewesen zu sein.
Das hing möglicherweise damit zusammen, dass Papst Leo IX. (1049-1054) ein Reformprogramm einleitete, das von Gregor VII. (1073-1085) fortgeführt wurde.
Die wohl folgenreichste Handlung dieses Papstes bestand darin zu verkünden, dass die katholische Kirche der einzige Weg sei, auf dem man zu Gott gelangen könne.
Sie sei allen anderen übergeordnet und der Papst die größtmögliche menschliche Autorität.


S. 29) Anders als andere häretische Gruppen waren die Katharer nicht nur antiklerikal, wie Heinrich von Lausanne oder die bunte Mischung von Predigern, die eine häufige Erscheinung des religiösen Lebens im 12. Jh. waren.
Sie waren auch gut organisiert, und die beiden Gruppen, die man in Köln entdeckt hatte, gehörten einer Kirche im Untergrund an, die Zeit gehabt hatte sich zu formieren und sich gegen Rom und alles, was es repräsentierte, zu positionieren. Malcolm Lambert schreibt in diesem Zusammenhang, dass die Katharer "eine direkte Kampfansage für die römisch-katholische Kirche bedeuteten, die sie unverblümt als Kirche des Teufels bezeichneten."

S. 50) Die Bogomilen gehören zu den mysteriösesten mittelalterlichen Sekten, und der Mangel an konkreten Beweisen für ihre Tätigkeit im Westen lässt sie fast wie ein Phantom wirken.

S. 72) Im April 1198, nur zwei Monate nach seiner Ernennung zum Papst, beauftragte Innozenz die Zisterzienser, im Languedoc zu predigen, mit dem erklärten Ziel, die Häretiker in den Schoß der Kirche zurückzuholen.
Am 25. März 1199 veröffentlichte er die Bulle Vergentis in senium, die Häresie mit dem römischen Verbrechen des Verrats gegen den Kaiser gleichsetzte und an das kaiserliche Statut Lex Quisquis von 397 anschloss.

S. 76) Die Perfecti besäßen nichts als die Kleider am Leib und ihre heiligen Bücher – ein allzu scharfer Kontrast zu den Zisterziensern, die in voller Pracht mit einem Gefolge von Lakaien und Leibwächtern reisten.



S. 82 f.) Voller Kreuzzugsablass für 40 Tage Militärdienst unter römischer Flagge

Raymond äußerte kein Bedauern über Peters Tod, und obwohl nicht bewiesen werden konnte, dass er den Mord angeordnet hatte, wurde sein fehlendes Bedauern als Eingeständnis seiner Schuld gewertet. Es war ein diplomatischer Skandal von monumentalen Ausmaßen. Die Tatsache, dass Peter so viele Feinde im Languedoc gehabt hatte, dass fast alle Adligen und Kleriker zu den Verdächtigen zählten, war irrelevant. Innozenz war überzeugt von Raymonds Mittäterschaft und rief am 10. März zu einem Kreuzzug auf. Der Papst hatte schon seit November einen Feldzug im Süden in Betracht gezogen. Arnold Amaury und Fulko von Marseilles wurden beauftragt, ihn in Predigten zu propagieren, und die beiden verbrachten den Großteil des Jahres 1208 damit, die Unterstützung von Königen und Adligen zu gewinnen. Und Mitte des folgenden Jahres war tatsächlich eine bunt zusammengewürfelte Armee aus Adligen, Rittern und Söldnern unterwegs. Innozenz hatte diesen Männern den vollen Kreuzzugsablass versprochen: Vergebung aller Sünden, Erlassung aller Schulden und die Aussicht auf Beute in Form von Land, das von den Katharern und ihren Sympathisanten konfisziert werden würde. Gemäß dem feudalen Brauch mussten Kreuzfahrer nur 40 Tage dienen, bevor sie aus ihren militärischen Pflichten entlassen wurden. Das Languedoc hatte außerdem den Vorteil, dass es einfacher zu erreichen war als der Nahe Osten. Und so strömten die Kreuzzügler in Scharen das Rhônetal hinunter.
("Der Albigenserkreuzzug war der einzige Ketzerkreuzzug, der gegen ein christliches Land geführt wurde.")

Innozenz hatte den diplomatischen Weg nicht ganz aufgegeben, doch der Tod von Ralph von Fontfroide und Diego von Osma innerhalb von 18 Monaten nach Peters Ermordung hatte die Kirche um zwei ihrer wertvollsten diplomatischen Vertreter gebracht. Aber Raymond kam ihm ganz entgegen: Er erklärte sich bereit, sich zur Buße einer demütigenden Geißelung in der Kirche von Saint-Gilles zu unterziehen. Nackt wurde er von einem päpstlichen Legaten vor den Augen von zwei Dutzend Bischöfen und einer großen Menge Toulouser ausgepeitscht, bevor man ihn in die Kirche führte, wo er der Kirche in Rom und dem Kreuzzug den Treueid schwören musste.
Er erklärte sich bereit, die vorgeschriebenen 40 Tage abzudienen, doch die Forderungen der Kirche gingen noch weiter: Er musste auf jegliche Ansprüche gegenüber religiösen Institutionen in seinen Ländern verzichten und sich bei allen Geistlichen entschuldigen, die er beleidigt, erpresst und schikaniert hatte.
Er musste sieben seiner Burgen aufgeben und durfte keine Söldner mehr beschäftigen.
Alle Juden in seinem Dienst musste er entlassen. In Bezug auf die Katharer musste er den Anweisungen der Kirche folgen: Es lag in ihrem Ermessen und nicht in seinem, wer als Ketzer zu gelten hatte und wer nicht.
Sollte Raymond die Vereinbarung brechen, würden päpstliche Legaten über ihn richten.
Das waren harte Konditionen, und alle wussten es. Am Grafen von Toulouse war ein Exempel statuiert worden.



S. 86 ff.) Graf, König und Legat

Raymund Roger Trencavel, der Vicomte von Carcassonne, Béziers und Albi, war dennoch sicher, dass er als Katholik mit der Kirche verhandeln konnte. Schließlich waren Innozenz' Anstrengungen vor allem gegen Raymond VI., die Katharer und ihre Anhänger auf dessen Land gerichtet gewesen, und er meinte, sich in einer starken Position zu befinden. Er täuschte sich.
Die Trencavels waren seit langem für ihre kirchenfeindliche Haltung bekannt. In einem ihrer kühnsten Coups hatte Raymond Roger den Bischof von Carcassonne verjagt und eine Marionette eingesetzt. Die Mutter des neuen Bischofs, seine Schwester und drei seiner Brüder waren Vollkommene.
Als Raymond Roger erkannte, dass der Graf von Toulouse sich mit seinen Zugeständnissen an die Kirche aus einer Sackgasse gerettet hatte, bot Raymond Roger ebenfalls an, am Kreuzzug teilzunehmen und gegen die Katharer vorzugehen. Doch Arnold Amaury lehnte seine Hilfe ab.
Die Kreuzfahrer marschierten Richtung Béziers, und Raymond Roger zog sich nach Carcassonne zurück.

Béziers – die Stadt, die sich 1205 geweigert hatte, den Zisterziensern ihre Katharer auszuliefern – wurde am 22. Juli dem Erdboden gleichgemacht.
Béziers – Schauplatz eines der schrecklichsten Massaker in der europäischen Geschichte: Die Gräueltaten waren so ungeheuerlich, dass sich sogar Apologeten des Kreuzzugs wie Pierre von Les Vaux-de-Cernay davon distanzierten und die Schuld an dem Blutbad auf die Ribauds, die Söldner, schoben. Dennoch gab es einige in der Kirche, die das Gemetzel für gerechtfertigt hielten. Einer von ihnen war Arnold Amaury, der Innozenz schrieb:

"Die göttliche Rache war wunderbar."


Die Nachricht von den Gräueltaten in Béziers verbreitete sich schnell. Die Kreuzfahrer marschierten Richtung Narbonne weiter. Aus Furcht vor einem ähnlichen Schicksal ergab sich diese Stadt beim ersten Anblick der herannahenden Armee. Raymond Roger Trencavel wusste, dass Carcassonne die nächste Station sein würde.
Er entschied sich für eine Politik der verbrannten Erde und macht die Gegend rund um die Stadt so unwirtlich wie möglich für die Kreuzfahrer, die am 1. August ankamen.
Am folgenden Tag fiel der Vorort Bourg, der außerhalb der Stadtmauern lag.
Ein weiteres Vorrücken wurde jedoch durch die Ankunft von König Peter II. von Aragón vereitelt. Er kam, um mit Raymond Roger zu sprechen, der sein Vasall war. Peter sagte Raymond Roger, dass er sich den Kreuzzug selbst zuzuschreiben habe, und drängte auf Verhandlungen, da das Heer der Kreuzfahrer Raymond Rogers Männern weit überlegen war. Die Gespräche begannen, und Arnold Amaury garantierte Raymond Roger sichere Geleit aus der Stadt, sobald sich diese ergeben habe. Über das Schicksal der Bewohner würden die Kreuzzügler entscheiden.
Peter war empört über diese Bedingungen und kehrte nach Aragonien zurück, ohne eine Einigung erzielt zu haben.

Durch den Verlust von Bourg und seiner Brunnen hatte Carcassonne seine Wasserversorgung verloren, und bald brachen in der Stadt Typhus und Ruhr aus. Raymond wurde von einem Verwandten überredet, die Stadt zu Verhandlungen zu verlassen. Die genauen Bedingungen der Vereinbarung sind nicht bekannt, doch Raymond Roger gelang es, das Leben aller Einwohner von Carcassonne – einschließlich der Katharer – zu retten, unter der Bedingung, dass sie die Stadt verließen. Und das taten sie am 15. August. Arnold brach das Versprechen, das er Peter von Aragón gegeben hatte, und ließ Raymond Roger in den Kerker seiner eigenen Burg werfen.
Dort starb er am 10. November. Zu diesem Zeitpunkt waren seine Länder und die Führung des Kreuzzugs an einen obskuren Adligen übergegangen, dessen Name zum Synonym für Skrupellosigkeit und Terror in ungeahntem Ausmaß werden sollte: Simon von Montfort.



S. 89 ff.) Militärischer Ruf und Frömmigkeit tadellos

Simon von Montfort stammte aus einer Familie von bescheidenem Wohlstand, die Ländereien im Norden, unweit von Paris, und das Herzogtum von Leicester besaß. Simon war nicht nur ein todesmutiger Krieger, sondern auch ein Mann von Prinzipien.
So hatte er während des vierten Kreuzzuges gegen die Plünderung der Hafenstadt Zara an der Adria protestiert, weil der Kreuzzug nicht gegen christliche Glaubensbrüder, sondern gegen die Moslems gerichtet sei. Desillusioniert verließ er den Kreuzzug, und auch im Albigenserkreuzzug spielte er zunächst nur eine untergeordnete Rolle.
Nach dem Fall von Carcassonne begann Arnold Amaury einen Nachfolger für Raymond Roger zu suchen.
Er trat an eine ganze Reihe Adliger heran, doch alle lehnten aus politischen Gründen ab, weil sie eine eifersüchtige Reaktion von Philipp II. August, dem französischen König, befürchteten.
Simon, mit seinen bescheidenen Besitzungen im Norden, wurde als sichere Wahl betrachtet, besonders da sein militärischer Ruf und seine Frömmigkeit über jeden Tadel erhaben waren. Und so kamen die Ländereien der Trencavel zu einem neuen Vicomte und der Albigenserkreuzzug zu einem neuen Anführer.

Von Anfang an hatte Simon mit zähem Widerstand gegen die Kreuzfahrer aus dem Norden zu kämpfen, und in Lombers wurde sogar ein Mordversuch auf ihn verübt. Zweifellos bestärkten derartige Aktionen Simon in seinem Glauben, einen gerechten Krieg zu führen.
Im Gegensatz zu Zara betrachtete er die Städte und Dörfer des Languedoc nicht als christlich sondern als ketzerisch, und die einzige Möglichkeit sie zu unterwerfen, war ihm zufolge gnadenlose Brutalität.
Unter diesem Motto wurde der Kreuzzug im Frühjahr 1210 fortgesetzt. Anfang April nahm Simon die kleine Stadt Bram nach nur drei Tagen Belagerung ein und schickte hundert gefangene Ritter auf einen Gewaltmarsch nach Cabaret, eine etwa 30 km entfernte Stadt, in der Katharer Zuflucht gefunden hatten. Vor ihrem Aufbruch ließ er den Männern die Augen ausstechen und die Nase und die Oberlippe abschneiden. Dem Mann an der Spitze des Zuges wurde ein Auge gelassen, damit er seine verstümmelten Kameraden auf dem Weg nach Cabaret anführen konnte. Nach dieser fürchterlichen Warnung dauerte es nur ein paar Monate, bis Simon auch diese Stadt einnahm.

Im Juni belagerten die Kreuzfahrer Minerve – eine Stadt, die auf steilen Klippen etwa 50 km östlich von Cabaret lag. Mit einem riesigen Trebuchet mit dem Spitznamen "Böser Nachbar" wurde die Steintreppe beschossen, die zu den Brunnen der Stadt am Fuß der Klippen führte. Nun, da der Weg zu den Brunnen versperrt war, brauchten die Kreuzfahrer nur noch zu warten. Ebenso wie Carcassonne würde die Stadt sich ergeben müssen.
Die Minerver versuchten zwar, den "Bösen Nachbarn" in Brand zu stecken, scheiterten aber, und so wurde die Stadt bis in den Juli hinein mit dem Trebuchet beschossen. Da die Stadt keinen Zugang zu Wasser hatte, blieb dem Stadtherrn, Wilhelm, nichts anderes übrig, als zu kapitulieren. Er bot Simon alle seine Ländereien und Burgen an, wenn dafür die Stadtbewohner verschont blieben. Simon nahm das Angebot an. Gerade als er die erschöpften Minerver ziehen lassen wollte, traf der päpstliche Legat, Arnold Amaury, ein.
Arnold, der in der Hierarchie über Simon stand, teilte Wilhelm mit, dass die Minerver verschont würden, wenn sie der Kirche den Treueid schworen, was prompt alle taten. Doch für die Katharer war das Ablegen eines Eids ein Anathema, und Rom einen Treueid zu schwören, war überhaupt undenkbar.
Nur drei von ihnen bekannten sich zum Katholizismus, der Rest weigerte sich.

Am 22. Juli 1210, genau ein Jahr nach den Gräueltaten in Béziers, wurden alle 140 katharischen Perfecti unter den Einwohnern von Minerve in dem Tal unterhalb der Stadt verbrannt. Dies war die erste Massenverbrennung im Laufe des Kreuzzugs. Es sollte nicht die letzte bleiben.

Nach Minerve eroberten die Kreuzfahrer auch die übrigen Castra (befestige Städte) der Trencavel – Montréal, Termes und Puylaurens. Während der Belagerung von Lavaur im Frühjahr 1211 erreichte Simons Vorgehen ein neues Maß an Grausamkeit. Er war zweifellos wütend darüber, dass die Verstärkung aus Deutschland einen Tag vor ihrer geplanten Ankunft in Lavaur von Raymond Roger von Foix bei Montgey unweit von Saint-Félix geschlagen worden war. Simons Armee nahm die Stadtmauern von Lavaur am 3. Mai.
Ungeachtet der Konventionen der mittelalterlichen Kriegsführung wurden alle 80 Ritter, die Lavaur verteidigt hatten, gehängt, einschließlich des Stadtherrn, Aimery von Montréal, der als Anhänger der Katharer galt. Seine Schwester Geralda war bekannt für ihre Großzügigkeit gegenüber den Katharern, die aus Städten geflüchtet waren, die die Kreuzritter bereits eingenommen hatten. Sie wurde in einen Brunnen geworfen und gesteinigt.

Alle Perfecti der Stadt – etwa 400 Menschen – wurden auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Es war die größte Massenhinrichtung des Kreuzzugs.
Noch im selben Monat wurden weitere 50 bis 100 Perfecti vor der Stadt Les Cassés verbrannt. Wenn jemand nach Beweisen suchte, dass die Welt so schlecht war, wie die Katharer glaubten, hätte er sie in den Ereignissen im Mai 1211 gefunden.



S. 96 f.) Ziel: Die Ausrottung der Katharer

Peter II. von Aragón war besorgt über die Bedrohung von Toulouse und Raymonds Ländereien.
Er versuchte, mit Innozenz zu verhandeln, denn er wusste, dass er sich in einer starken Position befand:
Er war einer der Kommandanten der Kreuzritter gewesen, die am 16. Juli 1212 in der Schlacht von Las Navas de Tolosa in Andalusien einen entscheidenden Sieg über die Mauren erlangt hatten, und galt deshalb als einer der Helden des Christentums. Er hielt dem Papst vor, dass der Kreuzzug seinen ursprünglichen Zweck, die Vernichtung der Katharer, verfehlt hatte, weil Simon von Montfort ebenso viele Katholiken wie Katharer getötet hatte, wenn nicht sogar mehr, und damit beschäftigt war, ein Lehnsreich für sich selbst zu errichten. Peter schlug vor, ihn selbst zum Wächter über Raymonds Besitztümer zu ernennen, die er dem Sohn des Grafen, dem künftigen Raymond VII. übergeben würde, sobald dieser volljährig sein würde.
Als Teil dieses Handels sagte Peter zu, jegliche Spuren des Katharismus zu beseitigen.

Innozenz überdachte Peters Vorschlag und war geneigt ihn anzunehmen. Am 17. Januar 1213 überraschte er die Streitkräfte der Kirche im Languedoc mit der Verkündigung, dass der Albigenserkreuzzug beendet sei.
Arnold Amaury protestierte heftig und gab dem Papst zu bedenken, dass der Kreuzzug seinen Zweck noch nicht erfüllt hatte. Die übrigen Adligen aus dem Süden – unter ihnen die Grafen von Toulouse, Foix und Comminges – stimmten Peters Plan zu, das ganze Languedoc unter seine Herrschaft zu stellen.
Doch am 21. Mai gab Innozenz schließlich dem Drängen Arnold Amaurys nach und befahl die Fortsetzung des Kreuzzugs. Simon von Montfort zog sofort wieder in den Kampf, sah sich jedoch am 12. September vor Muret einer zahlenmäßig weit überlegenen Armee aus dem Süden unter Peters Führung gegenüber.
Die Schlacht war ein Desaster für den Süden, dem mindestens 7000 ihrer Männer zum Opfer fielen, darunter auch Peter von Aragón. Es war Simons größter Sieg. Nun war er der Herrscher über das gesamte Languedoc.

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