November 1, 2010

Identische Hasspropaganda der Civiltà Cattolica



Daniel Goldhagen 2003: Die Katholische Kirche und der Holocaust

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S. 105-113) Das Deutschland-Konkordat

In den 30er Jahren, als Hitlers Stellung noch ungefestigt und die Kirche unbestreitbar nicht in Gefahr war, bewerkstelligte Pacelli, damals vatikanischer Staatssekretär, die Legitimierung der NS-Diktatur seitens des Katholizismus durch ein Abkommen, das schon erwähnte Konkordat, das die deutsche NS-Führung der Loyalität der deutschen Kirche versicherte (auf Geheiß der Kirche Pius' XI. und Pacellis legten die katholischen Bischöfe einen Treueid auf den NS-Staat ab) und der Kirche jede politische Betätigung untersagte. Das Konkordat gestand dem Regime praktisch das Recht zu, seine unverhüllt militaristischen, imperialistischen und rassistischen Ziele zu verfolgen, ohne von der Kirche Kritik oder Widerstand gewärtigen zu müssen. Pacelli stimmte sogar einem späteren "geheimen Zusatz" zum Konkordat zu, der letztlich die kirchliche Billigung der dt. Wiederbewaffnung bedeutete, die nach dem Versailler Vertrag noch immer verboten war. (Ernst Helmreich, "The German Churches Under Hitler", S. 249)
Hitlers wesentliches, zentrales, laut ausposauntes, wenn auch im Detail noch unbestimmtes Vorhaben zur Ausschaltung der Juden war der katholischen Kirche wohlbekannt. [...]
Mit dem Konkordat erreichte die katholische Kirche, dass ihr in Dtl., wo ihre Zeitungen und Organisationen seitens des Regimes unter Druck gerieten, religiöse und kulturelle Immunität zugestanden wurde.
Pacellis politisches Geschäft mit Hitler wäre vielleicht weniger zu tadeln, hätte die Kirche es schweren Herzens geschlossen, erfüllt von äußerstem Abscheu vor dem in Dtl. herrschenden eliminatorischen Antisemitismus und fest entschlossen, ihn wo immer möglich zu bekämpfen. Doch das war nicht der Fall. In einer der dt. Regierung zum Zeitpunkt der Ratifikation des Konkordats übermittelten Note, die die Ansichten der obersten Würdenträger der dt. katho. Kirche widerspiegelte, bekundete Pacelli die Absicht der Kirche, den Deutschen im Hinblick auf die Juden freie Hand zu lassen, es sei denn, es handelte sich um Katholiken, die als Juden geboren waren.
"Es liege dem Hl. Stuhl fern, sich in innerdeutsche staatliche Verhältnisse einmischen zu wollen," hatte Eugen Klee, der Vertreter der dt. Regierung, Pacelli diktiert, um die Nichteinmischung der Kirche in die Judenpolitik der Deutschen unmissverständlich zu formulieren.

Im Vatikan wie in Dtl. selbst verbreitete die katholische Kirche weiterhin Antisemitismus, und sie stand den eliminatorischen Impulsen der Deutschen, von einigen Ausnahmen abgesehen, nach wie vor sehr wohlwollend gegenüber – auch wenn einige Geistliche sich an der Gewalt stießen, die sich zum Beispiel in der "Kristallnacht" vom 9. auf den 10. November 1938 Bahn brach, dem umfassenden Angriff auf die jüdische Gemeinschaft und ihr Eigentum, der den Völkermord bereits ankündigte. Anders ist das Versäumnis der katholischen Kirche, ihrer Päpste Pius XI. und Pius XII. sowie ihrer jeweiligen Bischöfe, gegen die entmenschlichenden, dem Wesen nach eliminatorischen antisemitischen Gesetze Widerspruch einzulegen, die Dtl., Italien und etliche weitere Länder in den 30er und 40er Jahren erließen, nicht zu erklären.
Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass sich hinter kirchlichen Äußerungen der Billigung oder kirchlichem Stillschweigen zu diesen Maßnahmen eigentlich eine innere Opposition verborgen hätte, entsprungen der Überzeugung, dass die Juden unschuldig seien. Lägen in den kirchlichen Archiven Beweise für eine solche Opposition, würde die Kirche, so verzweifelt bemüht, Pius XII. und sich selbst reinzuwaschen, wohl kaum darauf beharren, sie der Öffentlichkeit vorzuenthalten.

Der kirchliche Antisemitismus bot dem modernen europäischen Antisemitismus, der sich von ihm abgezweigt hatte, gleichsam als Stamm unaufhörlich Nahrung. Das ist eine unbestreitbare Tatsache. Schon ein nur flüchtiger Blick auf das, was die Kirche seit der zweiten Hälfte des 19. Jh.s bis in die NS-Zeit über die Juden predigte, zeigt, dass die Behauptung, zwischen dem "Antijudaismus" der Kirche und ihrem Ableger, dem europäischen "Antisemitismus", bestünde eine unüberbrückbare Kluft, unhaltbar ist. Diejenigen, die diese Kluft als Faktum hinstellen, tun nicht das Mindeste, um sie zu beweisen. Weder erörtern sie ernsthaft das Wesen des Antisemitismus und seiner Spielarten, noch vergleichen sie die beiden Arten von Antisemitismus anhand klarer Bewertungsmaßstäbe, um über das Verhältnis zwischen ihnen Klarheit zu gewinnen. Auch gehen sie nicht auf den tatsächlichen historischen Zusammenhang zwischen dem kirchlichen Antisemitismus und dem modernen europäischen Antisemitismus ein.
Dass ein solcher Zusammenhang nicht inexistent ist, wie Papst Johannes Paul II. und andere Apologeten uns glauben machen wollen, steht jedenfalls fest. (Siehe "Hitlers willige Vollstrecker", S. 45-105, bes. S. 90 ff.)

Hitlers Sprache war vertraut


Walter Zwi-Bacharach, "Anti-Jewish Prejudices in German Catholic Sermons", Lewiston, N.Y., 1993, kommt zu dem Schluss:

"Die judenfeindlichen Äußerungen in katho. Kirchen und die aufwieglerischen Aussagen in der katechetischen Literatur wurden den Kirchengängern mit Nachdruck und Überzeugung als göttliches Edikt präsentiert. Und da sie als absolute, dem göttlichen Willen entsprungene Aussagen galten, wurden sie von der Allgemeinheit als unanfechtbare Wahrheiten aufgenommen.
Als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, wiesen sie dem Judenhass eine zentrale Rolle in ihrer Ideologie zu. Der Antisemitismus der Nationalsozialisten aktivierte die schon vorhandene christliche Judenfeindschaft und sprach Katholiken wie Protestanten in einer vertrauten, gemeinsamen Sprache an."

Bacharachs Untersuchung zeigt, dass "das katholischchristliche Vorurteil die Juden von der übrigen Menschheit absonderte und die Seelen von Millionen Deutschen vergiftete." Dies, sagt er, "erleichterte Hitlers Plan, wie er Anhänger gewinnen wollte, denn seine Sprache war vertraut" (S. 138 f.).

Doch selbst wenn sie die verschiedenen Antisemitismen, so wie sie sie darzustellen belieben, auf angemessene Weise miteinander verglichen, kämen sie damit nicht weit, denn die Unterscheidung zwischen Antijudaismus und Antisemitismus beruht auf einer Fiktion, einer beschönigten Darstellung des so genannten Antijudaismus der Kirche. Der Antisemitismus der Kirche war jedenfalls seit dem Ende des 19. Jh.s und bis in die NS-Zeit weitaus "moderner" und stand dem Antisemitismus der Nationalsozialisten in Lehre und Praxis weitaus näher, als man zugegeben hat. David Kertzer schreibt der katholischen Kirche sogar die Verantwortung für die Entstehung des modernen Antisemitismus zu, der in Deutschland und anderen Ländern schließlich die Oberhand gewann, und nennt sie "einen seiner wichtigsten Architekten".
(Kertzer, " Die Päpste gegen die Juden", S. 16. Kertzer bringt eine Fülle von Belegen für den "modernen" Charakter des kirchlichen Antisemitismus.)

Die Civiltà Cattolica der Gefährten Jesu


Kertzer konzentriert sich weniger auf die unterschiedlichen Grundlagen – formal, religiös für den kirchlichen Antisemitismus und rassistisch für den modernen europäischen Antisemitismus – als vielmehr auf die großen Ähnlichkeiten in Inhalt und Dämonologie dieser verwandten, auf Vorurteilen beruhenden Ideologien.
Selbst bei katho. Autoren ließ sich plötzlich die Tendenz beobachten, die Juden als Rasse zu definieren.
Die von Jesuiten geführte, 14-tägig erscheinende Civiltà cattolica, die offizielle, maßgebende und bedeutendste vatikanische Publikation, erklärte 1880:

"Oh, wie sehr täuschen sich jene, die meinen, das Judentum sei nur eine Religion, wie Katholizismus, Paganismus und Protestantismus, und nicht vielmehr eine Rasse, ein Volk und eine Nation!" (S. 184)

Noch emphatischer schrieb Civiltà cattolica im Jahr 1897:

"Der Jude bleibt immer und überall unveränderlich ein Jude. Seine Nationalität gründet nicht in dem Boden, auf dem er geboren ist, noch in der Sprache, die er spricht, sondern in seinem Samen."

Die antisemitische Dämonologie der Kirche war eindeutig modern, unabhängig davon, ob bestimmte Geistliche formal an der religiösen Erklärung der vermeintlichen Frevelhaftigkeit der Juden festhielten oder ob sie die neue rassistische Erklärung verbreiteten. "Als Ende des 19. Jh.s die modernen antisemitischen Bewegungen entstanden," bemerkt Kertzer, "gehörte die katholische Kirche, die ständig vor einer wachsenden jüdischen Gefahr warnte, zu den bedeutenden Akteuren." (S. 12)
Bezeichnend dafür ist ein Artikel in Civiltà cattolica aus dem Jahr 1893 mit dem Titel "Die jüdische Moral":

"'Die jüdische Nation [...] arbeitet nicht, sondern wächst und gedeiht im Glanze des Wohlstands und Fleißes der Nationen, die ihnen Zuflucht geben.' Sie sei 'ein riesiger Krake, der mit seinen übergroßen Tentakeln alles ergreift. Sein Bauch sind die Banken [...] und die Saugnäpfe sind überall: in Verträgen und Monopolen, in Kreditvereinen und Banken, in Postdiensten und Telegrafengesellschaften, in Schifffahrt und Eisenbahn, in Stadtsäckeln und Staatsfinanzen.'
Die jüdische Nation verkörpere 'das Königreich des Kapitals', 'die Aristokratie des Goldes' und regiere unangefochten." (Kertzer S. 194 f.)

Oft waren die kirchlichen Anschuldigungen gegen Juden im Grunde nicht von denen der rassistischen Antisemiten zu unterscheiden. *) Selbst die unterschlagene Enzyklika Pius' XI, die sich gegen den Rassismus wandte, steckt voller moderner antisemitischer Vorwürfe, die man als milde nationalsozialistisch bezeichnen könnte.

*) Kertzer bemerkt: "Die Kirche griff die Juden nicht nur als Feinde der Kirche an, sondern auch als Feinde der Nation. Sie betrachtete sie nicht nur als Bedrohung der christlichen Religion, sondern auch als Gefahr für die christlichen Völker. Indem er diese neue Kategorie einführt, bringt er [Pater de Rosa (Ex-Pater Peter de Rosa)] das ganze sorgfältig konstruierte Theoriegebäude vom Unterschied zwischen Antijudaismus und Antisemitismus zum Einsturz." (Die Päpste gegen die Juden S. 15)
Nach Kertzers Untersuchung sollte Schluss sein mit der Vorstellung, die Kirche könne sich von jeglicher Verantwortung für den modernen europäischen Antisemitismus dadurch freisprechen, dass sie sich auf diese irreführende Unterscheidung zwischen "Antijudaismus" und Antisemitismus versteift.

Das ist nicht erstaunlich, war Pius XI. doch seit langem ein engagierter Antisemit. 1918 – unmittelbar nach Ende des Ersten Weltkrieges (EWK) und weniger als vier Jahre, bevor Achille Ratti als Pius XI. das päpstliche Amt übernahm – hatte Papst Benedikt XV. ihn als seinen Vertreter nach Polen geschickt. Dort sollte er ich für die Juden einsetzen, die sich heftigen Verfolgungen durch katholische Polen ausgesetzt sahen. Es war sogar zu Pogromen gekommen. Kertzer kommt zu dem Schluss:

"[Ratti] unternahm alles, um Aktionen des Vatikans zu Gunsten der Juden zu torpedieren und eine Intervention des Heiligen Stuhls zu verhindern [...] Ratti [hatte] begonnen [...] eigene Berichte über die Lage der Juden in Polen nach Rom zu senden, in denen er keineswegs vor deren Verfolgern warnte, sondern stattdessen versuchte, den Vatikan auf die Gefahren aufmerksam zu machen, die sie selbst in seinen Augen darstellten."

Warum hat er die Anweisung seines Papstes nicht befolgt? Wegen seines Antisemitismus.
Nicht nur schrieb Ratti nach Rom, dass die Juden in den polnischen Großstädten "sich durch kleine Geschäfte, die Schmuggel, Betrug und Wucher umfassen, ernähren," in seinem Bericht erklärte er außerdem:

"Eine der übelsten und stärksten Kräfte, die man hier antrifft, vielleicht die übelste und stärkste überhaupt, sind die Juden." (S. 331 ff.)

Wie sein Nachfolger Pius XII. folgte er der Dämonologie des modernen Antisemitismus, die den Bolschewismus mit Juden gleichsetzte, als er in seinem Bericht an den Vatikan behauptete, dass "die Hauptkraft [des Bolschewismus] in Polen die Juden sind". (S. 345)

1932 gestand er sogar gegenüber Mussolini seine tiefe Abneigung gegen Juden ein, eine Abneigung, die er zumindest die längste Zeit seines Pontifikats nicht ablegte. Die Verfolgung der Kirche in aller Welt, meinte Pius XI., sei u.a. auch auf "die Abneigung des Judaismus gegen das Christentum" zurückzuführen, und anders als die italienischen Juden seien v.a. die Juden Mittel- und Osteuropas eine Gefahr für die christliche Gesellschaft, wie er angeblich aus eigener Anschauung in Warschau erfahren hatte: "Als ich in Warschau war [...] sah ich, dass die [bolschewistischen] Kommissare [...] allesamt Juden waren." (S. 349) Wenn Pius XI. und Pius XII. mit solchen Ansichten und speziell der ihnen gemeinsamen falschen Gleichsetzung der Juden mit dem Kommunismus – und der ebenso falschen Annahme, alle kommunistischen Führer seien Juden – die Kirche führten, nimmt es nicht wunder, dass Mussolini und Hitler überzeugt waren, die Kirche werde ihnen bezüglich der Juden nicht in den Arm fallen. (Verwunderlich ist vielmehr, dass die Kirche Pius XI. ebenso wie Pius XII. in "Wir erinnern" als einen reinen Anti-Antisemiten präsentiert.) [...]

Weil er dem antisemitischen Establishment des Vatikans und wohl auch Pacelli selbst misstraute – vor dem er seine Absicht verbarg – wandte er sich an einen Außenstehenden, einen amerikanischen Jesuiten namens John LaFarge, der die Jesuitenzeitschrift America herausgab und ein antirassistisches Buch geschrieben hatte, das sich gegen die Rassentrennung in den amerikanischen Südstaaten wandte. LaFarge informierte den General der Gesellschaft Jesu, Wladimir Ledochowski, der bei früheren Enzykliken eng mit dem Papst zusammengearbeitet hatte, vor dem der Papst diesen neuen Schritt jedoch wegen dessen Ansichten über die Juden geheim halten wollte.
Als LaFarge Ledochowski schließlich seinen Entwurf schickte, legte der ihn listigerweise einem anderen Priester zur Beurteilung vor: Enrico Rosa, dem vormaligen langjährigen Chefredakteur und notorisch antisemitischen Polemiker der autoritativen vatikanischen Zeitschrift Civiltà cattolica. (Zur Auftragsvergabe und zum Schicksal der Enzyklika siehe Passelecq und Suchecky, "Die unterschlagene Enzyklika", S. 61-123.)

In "Civiltà cattolica" scheint die Grenze zwischen dem kirchlichen "Antijudaismus" und dem "gewöhnlichen" Antisemitismus der damaligen Zeit "sehr fließend" gewesen zu sein. Eine Stichprobe aus in den 20er und 30er Jahren in Civiltà cattolica erschienenen, hasserfüllten Angriffen auf die Juden mag genügen, um zu zeigen, dass sie sich von denen der Nationalsozialisten in nichts unterschieden. 1922 hieß es z.B.: "Die Welt ist krank [...] Überall werden Völker von unerklärlichen Krämpfen geschüttelt [...]" Wer ist daran schuld? "Die Synagoge." "Jüdische Eindringlinge" steckten hinter Russland und der Kommunistischen Internationale, der größten Gefahr für die Weltordnung. 1936 – die Nürnberger Gesetze waren erlassen, und die Juden in Deutschland standen seit Jahren unter Beschuss – griff Civiltà cattolica auf gängige antisemitische Floskeln der NS-Propaganda zurück und warf den Juden vor, sie seien "einzig und allein mit den Eigenschaften von Parasiten und Zerstörern versehen" und zögen im Kapitalismus wie im Kommunismus die Fäden, um durch einen Zangenangriff die Weltherrschaft an sich zu reißen. 1938 erinnerte sie an "die anhaltenden Verfolgungen der Christen, insbesondere der katholischen Kirche, durch die Juden und an ihre Allianz mit den Freimaurern, den Sozialisten und anderen antichristlichen Parteien."

Ein Jahr zuvor verbreitete dieses Sprachrohr des Vatikans es als

"eine offensichtliche Tatsache, dass die Juden auf Grund ihres Herrschaftsgeistes und ihrer revolutionären Übermacht ein störendes Element sind. Das Judentum ist [...] ein Fremdkörper, ein Entzündungsherd, der Reaktionen jenes Organismus hervorruft, den er befallen hat."

Anschließend erörterte die Zeitschrift ohne eindeutige Tendenz verschiedene Formen der "Eliminierung", als funktional gleichwertig. Sie gab damit zu erkennen, dass die einzelnen Lösungen grundsätzlich ihrer Einschätzung der Frevelhaftigkeit der Juden und der von ihnen ausgehenden Gefahr für die christliche Gesellschaft entsprachen. Zusätzlich zur "Absonderung" (die sie nicht als "Eliminierung" einstufte) diskutierte Civiltà cattolica die "Vertreibung" der Juden. Außerdem schlug sie eine noch extremere Lösung der vermeintlichen Judenfrage vor, in eigenen Worten: "drastisch feindselig" durch "Vernichtung". Diese autoritative vatikanische Zeitschrift machte also im Jahr 1937 – nach den Nürnberger Gesetzen, als die Deutschen die Juden fester in die Zange nahmen – unmissverständlich klar, dass ihr Antisemitismus (auch wenn sie den Begriff ablehnte) auf Ausschaltung zielte, und obendrein erörterte sie die Vernichtung der Juden als eine tatsächlich denkbare Möglichkeit.

Typisch jesuitisch


Diese maßgebliche Zeitschrift des Vatikans verrät uns, wie schrecklich die dämonischen Vorstellungen der Kirche von den Juden waren – so schrecklich, dass dieses Kirchenorgan es logisch fand, eliminatorische Lösungen zu wählen, so schrecklich, dass Vertreibung und Massenvernichtung sich als selbstverständliche Folgerungen aus ihrer Vorstellung von den Juden ergaben. Sie ging davon aus, dass ihre Leser (Geistliche, Redakteure katholischer Zeitungen und Zeitschriften auf der ganzen Welt) auch ohne umständliche Erläuterung verstanden, warum man die Vernichtung der Juden als notwendig betrachtete und sie als geeignete Lösung erachten konnte – und warum die vatikanische Zeitschrift, die den Ansichten des Papstes und seines Staatssekretärs entsprechen musste, sie als solche präsentierte, auch wenn sie am Ende solche Lösungen als unchristlich verwarf. Stattdessen rief sie ihre Leser auf, den Juden gegenüber christliche Nächstenliebe zu beweisen, in der Hoffnung, dass diese sich besserten.
Nun hatten Civiltà cattolica und die Kirche jedoch die Juden seit Jahrzehnten beharrlich als unverbesserliche Gefahr für das Wohl der Welt dargestellt. Warum hätte ein Katholik, der die Juden für so gefährlich hielt, in diesen Worten christlicher Nächstenliebe ein wirksames Rezept sehen sollen? Warum hätte er sich für etwas anderes als eine der eliminatorischen Lösungen entscheiden sollen?

Die Verwandtschaft zwischen dem Antisemitismus der katholischen Kirche und dem modernen Antisemitismus, ja sogar dem Antisemitismus der Nationalsozialisten blieb auch von den Antisemiten übelster Prägung nicht unbemerkt. Das NS-Blatt Der Stürmer und Il Regime fascista, die Zeitung der italienischen Faschisten, lobten Civiltà cattolica als antisemitisches Vorbild. Il Regime fascista meinte 1938, alle Länder, auch Italien und Dtl., hätten "von den Patres der Gesellschaft Jesu noch viel zu lernen".

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